Enshittification (englisch, wörtlich etwa Verscheißung), auch bekannt als Crapification und Platform decay, ist ein Begriff, der ein Muster beschreibt, bei dem Onlinedienste und -Plattformen mit der Zeit an Qualität verlieren, was durch einen Interessensgegensatz zwischen Betreibern und Nutzern verursacht wird. Als Beispiele für Enshittification wurden die abnehmende Qualität der Suchergebnisse bei zunehmender Werbung auf Google, „geboostete“ und algorithmisch optimierte Inhalte auf Facebook, TikTok, Instagram oder Fake-Produkte mit Fake-Bewertungen auf Amazon.com und anderen Onlinehändlern genannt. Auch die Entwicklung von X (ehemals Twitter) nach der Übernahme von Elon Musk wurde mit dem Phänomen der „Enshittification“ in Verbindung gebracht. Ein weiteres jüngeres Problem wird durch sogenannten AI Slop verursacht, mithilfe von künstlicher Intelligenz massenhaft generierte Texte und Bilder, die das Internet „vermüllen“ würden.

Geschichte

Das Wort Enshittification wurde erstmals von Cory Doctorow in einem Blogpost auf Medium vom November 2022 verwendet, der drei Monate später in Locus veröffentlicht wurde. In einem weiteren Blogpost, der in der Januarausgabe 2023 von Wired veröffentlicht wurde, erweiterte er sein Argument. Doctorow schreibt, dass neue Plattformen nützliche Produkte und Dienstleistungen mit Verlusten anbieten, um neue Nutzer zu gewinnen. Sobald die Nutzer gebunden sind, verschiebt die Plattform die Überschüsse der Nutzer zu den Aktionären. Wenn Nutzer an die Plattform gebunden sind und keine Alternative haben, hat die Plattform keinen Anreiz mehr, die Qualität aufrechtzuerhalten. Er bringt dies mit dem Konzept des Rent-seeking in Verbindung, die durch Monopole wie Google im Bereich der Suchmaschinen ermöglicht werden. Er schlug für dieses Problem zwei Lösungsansätze vor. Der erste ist das End-to-End-Prinzip, bei dem die Aufgabe einer Plattform darin besteht, Daten von bereitwilligen Absendern an bereitwillige Empfänger zuverlässig zu übermitteln. Auf Plattformen angewandt, bedeutet dies, dass die Nutzer das erhalten, was sie angefordert haben, und nicht das, was die Plattform bevorzugt präsentiert, um ihre eigenen Profite zu maximieren. Der zweite ist ein „Ausstiegsrecht“ für digitale Plattformen, bei dem die Nutzer einer Plattform problemlos zu einer anderen wechseln können, wenn sie mit ihr unzufrieden sind. Für die sozialen Medien erfordert dies Interoperabilität und die problemlose Datenübertragung, um den Netzwerkeffekten entgegenzuwirken, die die Nutzer „einschließen“, was einen fairen Wettbewerb zwischen den Plattformen verhindert.

Doctorows Konzept wurde von verschiedenen Wissenschaftlern und Journalisten als Rahmen für das Verständnis des Qualitätsverlusts von Online-Plattformen herangezogen. Diskussionen über Enshittification sind in zahlreichen Medien erschienen, darunter auch Analysen darüber, wie Tech-Giganten wie Facebook, Google und Amazon ihre Geschäftsmodelle dahingehend verändert haben, dass sie Gewinne auf Kosten der Nutzererfahrung priorisieren. Der Begriff wurde dadurch zu einem Modewort in der Anglosphäre und kam auch im deutschsprachigen Raum an, wo Die Zeit ihn als „Verschlimmscheißerung“ übersetzte. Die American Dialect Society wählte Enshittification 2023 zum Wort des Jahres. 2024 wurde der Begriff auch von dem australischen Wörterbuch Macquarie Dictionary zum Wort des Jahres gewählt.

Weblinks

  • The ‘Enshittification’ of TikTok: Or how, exactly, platforms die. Cory Doctorow auf Wired
  • Die Verschlimmscheißerung des Internets Cory Doctorow auf ZEIT ONLINE
  • Die Mechanik der Enshittification Netzlabor

Einzelnachweise


Enshittification (of Platforms) — nico.steiger

The Enshittification of Digital Donor Acquisition Agitator DonorVoice

enshittification

The exponential enshittification of science

Enshittification Martin Stellinga